1 Nachdenken über Kommunikation und Rhetorik

1.3 Wovon kann ich lernen? Bezugswissenschaften










Gesprächsanalyse

Geschriebene Sprache und gesprochenen Sprache unterscheiden sich zum einen in ihrer Hervorbringungsart, aber auch in ihrer Form, der Art ihrer Gestaltung.
Diese Unterschiedlichkeit bemerkt man erst, wenn man Gespräche wie das folgende mitnotiert:

Uwe: Ja hallo hier is Uwe?
Gitte:

Uwe:
Gitte:

Hallo was machstn du grad,?.hh

Uwe:

Du ich bin hier grad bei Frank aufgelaufn
o- also besser gesagt ebm bei

Gitte:

.hhh

Uwe: Frank weil ich ihm das mit der Party morgen erzähln wollte da,?
Gitte: Ja:
Uwe: und heute abend und dann hier: fahr ich jetz nach Hause.
Gitte: Nee m-wa-was mir e-e:ingefalln is ha-has du dein Sakko von Mike schon abgeholt?.hh
Uwe: Nee:ee das zu-wollt ich für heute nachmittag gleich irgndwann abholn


die Gesprächsanalyse/Konversationsanalyse.

 



Diese Forschungsrichtung ist stark interdisziplinär ausgerichtet, sie umfasst soziologische Fragestellungen, interaktionale, psychologische und nicht zuletzt linguistische Ansätze wie die Gesprächsforschung, Soziolinguistik, Pragmatik. Je nach Ausrichtung ist diese Forschung mehr von der einen oder anderen Richtung beeinflußt.

Die Gesprächsanalyse untersucht zum einen die Organisationsform und zum anderen die thematisch-inhaltlichen Prozesse von Gesprächen. Zur Organisationsform gehören Fragen wie z.B: Wer spricht wann, wie lange, wie oft, wer kommt auf welche Weise zu Wort? Auch die Frage danach, welche Organisationseinheiten es im Gespräch gibt wird hier gestellt.

Die zweite Untersuchungsperspektive bezieht sich auf die Frage, wie ein Thema von den Gesprächspartner/innen inhaltlich koordiniert wird, wie sie gemeinsam einen Gesprächsfaden entwickeln. Die Frage nach den thematischen Einheiten im Gespräch schließt daran an, nach hierarchischen Bezügen zwischen den Einheiten und nach Formen und Möglichkeiten des Themenwechsels zu suchen. Diese Forschungsebene wird vom folgenden Zitat ausgeführt:

"Voraussetzung der Gesprächsanalyse ist die begründete Annahme, dass Konversationen oder Gespräche nicht unstrukturiert verlaufen, sondern dass diese "regelgeleitet" sind. Eine Untersuchung dieser Regeln kann damit von einem Gespräch als "Einheit" ausgehen. Dazu wird dieses Gespräch in drei verschiedene Gesprächsphasen eingeteilt, also in eine "Gesprächseröffnungs-phase", einen "Mittelteil" und in eine "Gesprächsbeendigungsphase". Diese unterschiedlichen Gesprächsphasen könnten noch weiter differenziert werden hinsichtlich ihrer Funktion im Gespräch als Ganzem und ihrer Funktion im jeweiligen Gesprächsthema.
Die soziale Funktion der Gesprächsphasen kommt deutlich bei den sehr stark ritualisierten Gesprächseröffnungs- und Gesprächsbeendigungsphasen z.B. in England und Amerika zum Ausdruck, wo ein "how are you/how your're doing" bzw. ein "it's been nice talking to you" vom semantischen Gehalt als leer bezeichnet werden muss, während zugleich das Fehlen dieser Gesprächseröffnungs- und Gesprächsbeendigungsformeln negativ bewertet wird, sei das nun unhöflich, arrogant oder aggressiv." Henne / Rehbock 2002

 

Die Beschäftigung mit der Gesprächsanalyse ist von großem Wert, da die Untersuchung von Gespräche verschiedenster Art deutliche Aufschlüsse über Grundprinzipien und Abläufe kommunikativer Handlungen gibt. Dabei sind die Ergebnisse durch das Aufnehmen der Interaktionen auf Video oder Tonträger immer wieder abgerufen, was zur Veranschaulichung und Überprüfung bestimmter beobachteter Phänomene sehr hilfreich ist.

Die Wissenschaft der gesprochenen Sprache hat ein hohes Anwendungspotential und ihre Ergebnisse können und werden zur Optimierung von Gesprächen in Schulen, Betrieben und Krankenhäusern, bei der Telefon- und Online-Kommunikation eingesetzt.

 


Von der Gesprächsforschung geht es nun weiter zu Gesprächsführungsregeln, die das miteinander sprechen in Gesprächen auf beiden Seiten harmonisieren, und Missverständnisse vermeiden helfen:

 


REGELN der Gesprächsführung

Wir unterscheiden zwei Arten der Gesprächsführung:

Nicht direktive Gesprächsführung

  1. Möglichst Feedback geben statt Fragen stellen.
  2. Vorsichtige bzw. offene Formulierungen ("Kann es sein, dass du dich heute nicht besonders gut fühlst").
  3. Als wichtig Empfundenes durch Wiederholung herausheben.
  4. Keine Autorität demonstrieren: keine Ratschläge geben, keine Vorschriften machen, keine Du- Aussagen formulieren (wie "Sie haben sich nicht klar ausgedrückt" - statt dessen: "Ich habe Sie nicht ganz verstanden").
  5. Fragen nur stellen, um das Reden zu erleichtern, die Vertiefung von Aussagen des anderen anzuregen (vernachlässigte Themenaspekte zur Sprache bringen,
    implizierte Voraussetzungen herausarbeiten) oder Ängste zu zerstreuen.
  6. Fragen wenn, dann offen gestalten: statt "Haben Sie Angst?": "Mit welchen
    Empfindungen sind Sie in dieses Gespräch gekommen?".
  7. Gesprächsstruktur und -ziel transparent machen.
  8. Bei Pausen im Gesprächsfluss des Gegenübers geduldig warten und erst nach längerer Zeit eine Frage im angesprochenen Sinne formulieren.

Direktive Gesprächsführung
  1. Durch gezielte Fragen konkrete Informationen einfordern.
  2. Konkrete und bindende Formulierungen ("Wenn Sie während der Arbeit trinken, verlieren Sie Ihre Stelle").
  3. Bei als wichtig empfundenen Aussagen weiter nachfragen.
  4. Den eigenen Status im Gespräch behaupten: lenkende Fragen stellen, Angriffe abwehren, Regeln des Gesprächs einklagen.
  5. Aussagen einordnen.
  6. Bei Bedarf auch mit geschlossenen Fragen, Alternativfragen oder Fragen mit einer richtigen Antwort arbeiten.
  7. Eigenes Gesprächsziel verfolgen und Gesprächsstruktur dementsprechend gestalten.
    Ob Sie das Ziel ansprechen und die Struktur transparent machen, ist abhängig vom Ziel, vom Thema und von der Rolle des Gegenübers.
  8. Bei längeren Pausen auf der anderen Seite das Gespräch übernehmen.

    (Dieser Abschnitt folgt in einigen Punkten der Darstellung im Reader "Gesprächsführung und Verhandlungstechnik" von Lydia Drews)

Wir kommen jetzt zu Merkmalen von Gesprächssituationen, die für eine wirksame Kommunikation besonders wichtig erscheinen. Dazu gehören etwa die folgenden Punkte:

ZUHÖREN
Wenn wir Gespräche optimieren und wirksam gestalten wollen, dürfen wir uns nicht nur auf uns selbst, unsere Absichten und Verhaltensweisen konzentrieren. Wichtig ist, das Gegenüber möglichst deutlich und genau wahrzunehmen, denn nur dann können wir dessen Absichten, Stärken, Schwächen etc. erkennen und gleichzeitig adäquat reagieren. Das zentrale Mittel hierbei ist das AKTIVE ZUHÖREN.

Vor allem in der Konzeption des Psychologen Carl ROGERS spielt das aktive Zuhören eine wichtige Rolle. Es unterscheidet sich vom Hören ohne Hinhören, denn auf dieser Stufe höre ich eigentlich nur solange zu, bis ich - endlich - selbst zu Worte komme. Es setzt sich aber auch ab vom Hinhören ohne Zuhören, denn hier bleibt man im Grunde unbeteiligt und emotional distanziert. Man tritt in keine wirkliche Kommunikation mit dem Gesprächspartner.
Demgegenüber ist das AKTIVE ZUHÖREN gekennzeichnet durch folgende Aspekte:

  • Der aktive Zuhörer hat vor allem die Fähigkeit zur Empathie, er kann sich in den Anderen hineinversetzen, versteht nicht nur das, was ausdrücklich gesagt wird, sondern nimmt auch Zwischentöne wahr.
  • Er schafft es, sich auf das Wesentliche in den verbalen Äußerungen des Anderen zu konzentrieren und diese im Blick zu behalten.
  • Er drückt durch eine zugewandte Körperhaltung aus, dass er sich auf den Partner einlässt und hält einen ständigen Blickkontakt.
  • Er fragt bei Unklarheiten nach.
  • Er nimmt seine eigenen Gefühle während des Gesprächs wahr.
  • Er kann auch Pausen aushalten und dem Anderen Raum geben.
  • Er ist vorsichtig bei Bewertungen der Äußerungen des Gesprächspartners.

Das aktive Zuhören kann man bis zu einem bestimmten Grade lernen, etwa durch diese Techniken:

Paraphrasieren: Die Aussage wird mit eigenen Worten wiederholt.
Nachfragen: Beispiel: "Sie haben also nicht gemerkt, dass Frau Müller sich beim Vorgesetzten über Sie beschwerte?
Weiterführen: Beispiel: "Sie haben sich dann also maßlos geärgert, und dann?

FRAGEN

Hierbei können wir etwa die folgenden Formen unterscheiden:

  • rhetorische bzw. Suggestivfrage
  • unterstellende Frage
  • geschlossene Fragen
  • Fragen mit einer richtigen Antwort
  • Alternativfragen
  • Offene Fragen,besonders:
      • bewertungsorientierte Fragen
      • Metakommunikative Fragen
      • Weitergeleitete Fragen

       





Rhetorik   Sprechakt- und Sprechhandlungstheorie

 

 


 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 



Zitat
zur Konversations-analyse