1 Nachdenken über Kommunikation und Rhetorik

1.7 Körpersprache










Kommunikation erfolgt nicht nur über Sprache

Ganz wichtig und ontogenetisch wesentlich älter als die Sprache ist die Körper"sprache". Sie ist das älteste Kommunikationsmittel und auch bei Tieren ausgeprägt vorhanden. Dies ist gut in der Balz, dem Werben der Tiere, zu beobachten oder in Revierkämpfen und im Rivalitätsverhalten. Manche Autoren sagen sogar, dass Pflanzen (Blumen u.ä.) über ein gewisses Maß an Körpersprache verfügen.

Archaische Ausprägungen der Körpersprache sind stark instinktgeleitet, sind angeborenes oder hochautomatisiertes, überwiegend reaktives Verhalten: in einer bestimmten Situation (z.B. beim Zuschlagen eines Boxers) tritt automatisch eine Schutzgeste, ein Zurückprallen, ein. Über solche Anteile haben wir wenig Kontrolle, allerdings kann man auch hier Verhalten lernen und antrainieren: z.B. wird in Frauenselbstverteidigungskursen den Frauen beigebracht, in bedrohlichen Situationen mit gewaltbereiten Männern nicht das "natürliche" Angst- und Opferverhalten zu zeigen, sondern selbstbewusst aufzutreten. Sehr oft kommt es dann auch gar nicht zur Gewaltanwendung.

Andere körpersprachliche Ausdruckselemente sind ähnlich wie Sprachzeichen "verabredet" und müssen ähnlich wie Sprache gelernt werden. Kopfschütteln oder Kopfnicken kann dann jeweils in verschiedenen Kulturen auch Unterschiedliches bedeuten. So sind die Begrüßungsgeste Händeschütteln oder der Wangenkuss ebenfalls künstlich gesetzte körpersprachliche Zeichen.

Eine Mischung zwischen archaischen und ritualisierten körpersprachlichen (Ausdrucks)mitteln stellen z.B. Tanzfiguren oder Bewegungen der Gegner in einem Ringkampf dar: es handelt sich zum Teil um (zuneigende bzw. abwehrende) Automatismen wie Engtanzen, Anschmiegen, und Ausweichen, Wegducken. Zum Teil handelt es sich aber auch um angelernte Rituale wie Schrittfolgen, Tanzfiguren und Ringkampfgriffe usw.
Es gibt hier einen gleitenden Übergang.

In der Literatur wird oft die Frage erörtert, wie sprachliche und körpersprachliche Signale zueinander passen.
Im Axiom 4 von Watzlawick wird für die Sprache eine starke inhaltliche Leistungsfähigkeit und für die Körpersprache (und andere analoge Ausdrucksmittel wie Satzmelodie und Sprechtempo) eine hohe Leistungsfähigkeit in Beziehungsaussagen behauptet.
Allgemein wird der Zusammenfall von sprachlicher und körpersprachlicher Aussage (beide Botschaften sind gleich oder widersprechen sich nicht) als authentische Aussage angesehen, die Ausnahmen sind antrainierte körpersprachliche Signale, die scheinbar Authentizität zur Schau stellen, siehe dazu unten die einzelnen Körperausdrucksformen.

Im Folgenden werden körpersprachliche Ausdrucksmittel nach systematischen Kategorien behandelt.

Mimik

Das Spiel der Gesichtsmuskeln ist eines der wichtigste Ausdrucksformen unserer Emotionen. Mit ihrem Gesicht kann die sprechende Person ihre Einstellung zu dem Gesagten oder zu den Gesprächspartner/innen zeigen. Auch erkennt man im Gesicht am ehesten das Interesse oder Desinteresse am besprochenen Gegenstand.

Allerdings kann man nicht nur dieses übermitteln, sondern auch, durch die Beherrschung der Mimik, zurückhalten. So kann man auch Mimik simulieren, die nichts mit den wirklich empfundenen Gefühlen zu tun hat. Daher ist das Gesicht nicht nur der geschickteste nonverbale Kommunikator, sondern kann auch zum besten nonverbalen Lügner werden.

Emotionen wie Furcht, Ärger, Überraschung, Freude, Abscheu und Traurigkeit werden über die Mimik ausgedrückt und sind feststehende Zeichen, die in allen Kulturen verstanden werden.

 

Außerdem gibt es auch Gesichts- und Kopfgesten, die unabhängig von Emotionen, kulturell bedingt sind (z.B.: bejahendes Kopfnicken, Zublinzeln).

Blickkontakt

Der Blickkontakt ist für die Organisation des Sprecherwechsels während eines Gespächs von entscheidender Bedeutung, der Entzug desselbigen führt automatisch zu einer problematischen Gesprächssituation. Für die Kommunkation ist die Häufigkeit, Dauer und Intensität des Blickkontaktes wichtig. So hat er hauptsächlich eine Steuerungsfunktion in der Kommunikation, Gesprächspartner/innen können speziell angesprochen werden.

Mit den Augen können ebenfalls Misstrauen, Einverständnis, Sympathie/ Antipathie und Aufmerksamkeit signalisiert werden, wobei der Blickkontakt äquivalent zu physischer Nähe ist und sich bei größerer Nähe reduziert, um zu große Intimität zu vermeiden. Im Gegensatz dazu kann bestimmter Blickkontakt (z.B. scharfes in die Augen sehen) auch als Dominanzmittel eingesetzt werden.

Man kann unterscheiden zwischen dem einseitigen und gegenseitigen Anblicken, wobei das sich gegenseitig Ansehen der eigentliche Blickkontakt ist, bei dem der Blick erwidert wird.


 

 

Gestik

Die Position von Händen und Armen spielt hier neben deren Bewegung eine entscheidende Rolle: die Hände offen oder verschränkt, sich ans Ohrläppchen fassen, nahe am Körper oder weiter ausladend gestikulieren, dies sind alles Formen der Gestik, die mehr oder weniger Raum beanspruchen.
Sie verrät viel über den Gemütszustand des Gesprächpartners, kann aber auch einstudiert werden, um die Engagiertheit einer redenden Person zu unterstützen. Handbewegungen regeln auch den Sprecherwechsel und den Ablauf der Gespräche allgemein. Sie sind ein wichtiger Bestandteil der Kommunikationssteuerung und der begleitenden Illustration einer Botschaft. Ähnlich wie der Dirigent mit seinem Stab führt man mit Handgesten (kommunikative) Regie.
Die Intensität der Gestik ist wie bei allen anderen Arten körpersprachlichen Verhaltens stark kulturabhängig, Menschen aus anderen Kulturkreisen, z.B: Südeuropa reden mehr mit den Händen und Armen als Deutsche.

Verschiedene Arten von Gesten werden unterschieden:

  • die Sprache begleitende und ergänzende Bewegung,
  • expressive, nicht unbedingt mit der Sprache zusammenhängende und weniger sozial beeinflusste Bewegung,
  • emblematische, symbolische Handbewegungen.

 


Welche Gestenarten werden in den folgenden drei Bildern verwendet?

 

Körperhaltung


Die Körperhaltung ist immer auf die Anordnung der einzelnen Körperteile einer Person bezogen, während die Körperorientierung die Anwesenheit eines Interaktionspartners voraussetzt. So kann dieselbe Körperhaltung unterschiedliche Bedeutung haben, je nachdem, wer der Kommunikationspartner ist (z.B. dient lockeres Sitzen auf dem Stuhl in Pausen der Entspannung, während es im Unterricht als Desinteresse gedeutet werden kann).

Erwachsene haben gelernt, ihre Mimik zu beherrschen, dem Körper wird jedoch weniger Aufmerksamkeit geschenkt, so dass das Individuum seine Befindlichkeit oft durch den Körper unbewusst verrät. Dabei ist die Zuwendung zum Gesprächspartner und zur Gruppe entscheidend in seiner kommunikativen Wirkung. So kann diie Körperhaltung Abneigung/Zuneigung und Interesse/Desinteresse signalisieren. Auch ob man sich im Gespräch integriert fühlt oder nicht, ob man präsent ist (breite Sitzhaltung) oder keine wichtige Rolle spielt (optisches "Dünnmachen") wird ebenfalls durch die Haltung kommuniziert: sie ist ein Ausdruck des Selbstbildes.
Die Abbildung zeigt geschlechtsspezifisches Sitzverhalten: Die Männer sitzen breit, nehmen Raum ein, während die Frauen sich sich dünn machen.

 


Proxemik

Unter Proxemik versteht man die Raumnutzung - einerseits die Position in einem Raum und andererseits die Position zum Kommunikationspartner.
Als Beispiel proxemischer Planung, die uns allen geläufig ist, können Regieanweisungen für eine Film- oder Theaterszene gelten.
In der körperlichen Nähe oder Distanz zeigen sich die Gesprächspartner/innen optisch ihre Nähe bzw. Distanz zueinander. Auch andere sozialen Beziehungen und Rollenstrukturen werden durch die räumliche Konstellation ausgedrückt. Es gibt immer gute und schlechte Plätze, Menschen, die eingequetscht sitzen oder viel Raum haben, wenn sie in Grüppchen zusammen stehen oder um einen Tisch herum sitzen. Manche bilden den Mittelpunkt, werden umringt, andere sind schon rein räumlich nicht richtig in die Runde integriert.


 

 

1.6 Die vier Seiten einer Nachricht 1.8 Kommunikationsstile

 

Pantomime:
Welche Begriffe werden
hier dargestellt?

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Standbildübung:
Welche Situationen werden hier körpersprachlich vermittelt?

Situation 1 (148 KB)

Situation 2 (200 KB)

Situation 3 (172 KB)

Situation 4 (172 KB)

 



Lösungen

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 



Ein Beispiel:
Körpersprache
in der Politik

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 



Literatur