1 Nachdenken über Kommunikation und Rhetorik

1.9 Das ICH in Transaktion










Selbstkonzepte und ihre Auswirkungen


In der Transaktionsanalyse (TA), die vor allem von Eric Berne in den 60er und 70er Jahren entwickelt wurde, wird kommunikatives Verhalten und Interaktion unter dem Aspekt der "Transaktion", des "Hin- und Herreichens" nicht nur zwischen den Kommunikationsteilnehmern, sondern auch in der Persönlichkeit der Teilnehmer selbst behandelt.

Bei vielen spontanen Aktivitäten kann man erkennen, dass
die Menschen sehr plötzlich und unlogisch wechselnde kommunikative Verhaltensweisen, Ansichten, verbales und nonverbales Verhalten zeigen.
Die Transaktionsanalyse hat sich der Aufklärung solcher Phänomene zugewandt und sie als Ausdruck verschiedener "Ich-Zustände" im Sinne von verschiedenen Gedanken- und Gefühlssystemen aufgefasst, die sich in unterschiedlichen Verhaltensmustern offenbaren.

Von da aus unternimmt die TA eine strukturale Analyse der Ich-Zustände und eine Transaktionale Analyse des Hin- und Herreichens von Kommunikationen in diesen Ich-Zuständen.

Weiterhin hat Eric Berne auch sogenannte "Spiele der Erwachsenen" - strukturierte Kommunikationsabläufe als feste Transaktionsfolgen - analysiert und schließlich versucht, verschiedene Lebensskripte, "Drehbücher" für Verhalten im Rahmen eines Lebensplanes herauszuarbeiten.

Jeder Mensch besitzt nach Ansicht der Transaktionsanalyse drei Ich-Zustände:

  1. das Eltern-Ich (Elt)

  2. das Erwachsenen-Ich (Erw)

  3. das Kindheits-Ich (K)
Die Begriffe sind an Siegmund Freuds "Über-Ich", "Ich" und "Es" angelehnt.
 


TRANSAKTIONALE ANALYSE

Unter Transaktion versteht die Transaktionale Analyse die Grundeinheit aller sozialen Verbindungen.

Transaktions-Stimulus
Begegnen sich (zwei) Menschen, beginnen sie nach kurzer Zeit im Rahmen der sozialen Gegebenheiten voneinander Notiz zu nehmen und eventuell miteinander zu kommunizieren. Mindestens eine der Personen nimmt Kontakt mit einer oder mehreren anderen Personen auf.

Transaktions-Reaktion
Reagiert die andere Person darauf, spricht man von einer Transaktions-Reaktion.

Entscheidend für den Fortgang und das Glücken der Kommunikation ist, aus welchem Ich-Zustand jeweils der Stimulus und die Reaktion herausgekommen ist, und an welchen Ich-Zustand er adressiert ist.







Die Transaktionale Analyse unterscheidet drei Arten von Transaktionen:

  1. die parallele oder komplementäre Transaktion

  2. die gekreuzte Transaktion

  3. die latente oder komplizierte Transaktion


Die parallele oder komplementäre Transaktion


Die positivste Transaktion ist die, in d
er derselbe Ich-Zustand in Stimulus und Reaktion tätig wird und, wenn auch der gleiche Ich-Zustand adressiert wird.


Wenn sich z.B. das Kindheits-Ich der einen Person an das Kindheits-Ich der anderen wendet und diese auch aus dem Kindheits-Ich heraus reagiert, dann läuft normalerweise alles gut.
Zwar gibt es auch negative, komplementäre Transaktionen, das liegt dann aber am Inhalt der Aussage.


Nach einer komplementären parallelen Transaktion Eltern-Ich an Kindheits-Ich oder Kindheits-Ich an Eltern-Ich findet eine weitere Kommunikation statt, oft sogar auf der sachlichen Ebene, dem Erwachsenen-Ich.
Doch auch umgekehrt ist diese Transaktion möglich. Das kritische Eltern-Ich erhält die Reaktion aus dem weinenden Kindheits-Ich und fühlt sich verstanden und akzeptiert und ist befriedigt.
Antwortet der andere Partner jedoch aus einem anderen Ich-Zustand als dem angesprochenen, dann ist der Fortgang der Kommunikation meist nicht so positiv gesichert, diese nennt sich die gekreuzte Transaktion.

Die gekreuzte Transaktion

Bei der gekreuzten Transaktion reagiert der Empfänger aus einem anderen
Ich-Zustand als aus dem vom Sender adressierten.
Die Folge ist, dass der Sender nicht die erwartete Reaktion auf seinen Stimulus empfängt und sich dadurch oft miss- oder unverstanden fühlt. Das stört den Fortgang der Kommunikation oder kann zum Abbruch der Kommunikation führen.

Erkennt der Sender das "Kreuz" in der Transaktion, sollte er nach dem Motto "der Klügere gibt nach" handeln, denn es ist anzunehmen, dass der Empfänger im Augenblick nicht aus dem adressierten Ich-Zustand heraus handeln kann.

Gekreuzte Transaktionen können folgende Probleme/Situationen markieren:

  • der Empfänger hatte andere Erwartungen an den Sender
  • es wird eine Entscheidung gefordert, in der der Empfänger den Ich-Zustand "wechseln" möchte
  • die gekreuzte Transaktion ist (bewusst) als "Aufstand" inszeniert worden (absichtliches oder unabsichtliches "Missverstehen")

Gekreuzte Transaktionen können aber auch insofern positiv gesehen werden, als sie die Chance zur Metakommunikation geben und zu einem vertieften Verständnis führen können, wie z.B. in diesem Beispiel:

Der Kommunikationspartner reagiert nicht im angesprochenen Kindheits-Ich, sondern im Erwachsenen-Ich, versucht so die drohende Konfliktsituation zu vermeiden und die Kommunikationsebene auf die Sachebene zu verlagern.



Die latente oder komplizierte Transaktion


Unter einer latenten, komplizierten Transaktion versteht man ein
soziales/ kommunikatives Verhalten, bei dem mindestens ein Teilnehmer in mehr als einem Ich-Zustand gleichzeitig tätig wird.
Es sind dies die Kommunikationen bei denen zwei verschiedene Botschaften ausgesandt werden. Wir finden einmal die
offene Botschaft, die sprachlich oder durch ein anderes Verhalten ausgedrückt wird. Die TA nennte diese "Botschaft auf der sozialen Ebene". Hinzu kommt die latente, die indirekte Botschaft, die sog. "zwischen-den-Zeilen-Information". Sie enthält Auskünfte über den Inneren Zustand, die Motivation und die Beziehung des Senders zum Empfänger.

 

Die verdeckte Transaktion im
Kindheits-Ich wurde
entschlüsselt, entsprechende Reaktion.
Die verdeckte Transaktion ist nicht bemerkt worden, oder aber bemerkt und bewusst nicht darauf eingegangen worden.

Der Erfolg solcher latenten, komplizierten Transaktionen hängt davon ab, ob der Empfänger in der Lage oder Willens ist, diese verdeckte Botschaft zu erkennen und auf sie einzugehen.


Sind in einer Transaktion eine offene und eine verdeckte Ebene beteiligt,
so greift zunächst in der Regel die verdeckte Ebene (indirekte Äußerung).


Die Kommunikation in offenen und verdeckten Botschaften (latente/komplizierte TA) kann zu
großen Schwierigkeiten und Unstimmigkeiten führen:
es kann beispielsweise passieren, dass indirekte Botschaften gar nicht oder falsch wahrgenommen werden
. Die Folge ist eine schwere Enttäuschung. Andererseits muss jemand, der solche Botschaften aussendet auch davon ausgehen, dass weder der Anspruch auf eine Antwort auf die indirekte Botschaft besteht noch ein solcher auf deren Registrierung.

Indirekte Botschaften haben schließlich auch Gründe, die man als Verbergen oder nicht die Verantwortung für Botschaften übernehmen bezeichnen kann. Oder es kann ein Schamgefühl leitend sein, das uns verbietet, bestimmte Dinge direkt auszusprechen, wie z.B. in unserem Beispiel bei der Botschaft über die Einladung zum Glas Wein.
Und schließlich kann auch die
Angst einen davon abhalten, Botschaften direkt auszusprechen, man denke an die Form der Aesopschen Parabel, in denen Sklaven im Römischen Reich ihre Kritik an ihren Herren äußerten.

Ironie und manche Formen des Humors sind auf latente komplizierte Transaktionen aufgebaut.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 



Erläuterung der
Ich-Zustände

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 




 






Beispiele für
parallele oder komplementäre
Transaktionen

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 



Beispiele für
gekreuzte Transaktionen

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 



Beispiele für
latente oder komplizierte Transaktionen

 

 

 

 

 

 

 

 

 



Literatur