Sprechakt-
und Sprachhandlungstheorie
Die Sprechakt- und Sprachhandlungstheorie nimmt in der Sprachwissenschaft
zum ersten Mal Sprechen und Kommunikation als
Handeln in das Blickfeld. Sprechen kommt meist aus nichtsprachlichem
Handeln zustande und führt auch wieder dahin zurück.
Dazu ein Beispiel:
Jemand repariert ein Auto (nichtsprachliches Handeln) und sagt zu
seinem Kollegen:
"Gib mir mal den 12er Ringschlüssel." Der Mechaniker
bekommt den Schraubenschlüssel gereicht.
Das sprachliche
Handeln führt darauf wieder ins nichtsprachliche Handeln zurück.
Fragen allerdings
verlangen wieder ein sprachliches Handeln:
Frage:"Hast du deine Schularbeiten gemacht?"
Antwort: "Noch nicht ganz, ich musste noch bei Karin etwas
nachfragen."
Zu den Inhalten der Sprechakttheorie einige Zitate:
Karl Schuster (1998:
S.186) hat die Gegenstandsbereiche und Leistung der Sprechakttheorie
gut verständlich zusammengefasst. Er schreibt:
"Die Sprechakttheorie betont den Handlungscharakter
einer Sprache.
Die zentralen Fragen, mit denen ein Sprechhandlungstheoretiker
an sprachliche Phänomene herangeht, lauten:
1. Was tun wir, wenn wir sprechen? und
2. Was tun wir, indem wir sprechen?
Für die Sprachhandlungstheorie gibt es also den Gegensatz
zwischen 'tun' und 'sprechen' nicht, der im Alltagsbewusstsein
besteht."
Die Sprechakttheorie wurde von John
L. Austin 1955 in einer
Vorlesung entwickelt. Nach seinem Tod hat man eine Nachschrift
dieser Vorlesung unter dem Titel: "How to do things with
words" herausgegeben. Dieses ist die Urschrift der Sprechakttheorie.
Wirksam geworden ist die Theorie in der Sprachwissenschaft jedoch
erst richtig durch das 1969 veröffentlichte Buch "Speech
acts" von Austin's Schüler John R. Searle.
Die Rezeption beider Veröffentlichungen hat die sogenannte
"pragmatische Wende" in der Linguistik ganz entscheidend
vorangebracht.
(vgl. Linke, A.; Nussbaumer; Portmann:
Studienbuch Linguistik.
3. Aufl.. Tübingen 1996, S.182f)
"Wenn wir davon ausgehen, dass einen Satz sagen bedeutet:
eine Äußerung machen, d.h. in einer Situation und zu
einem Gegenüber etwas sagen, dann müssen wir damit rechnen,
dass jede Äußerung dazu bestimmt ist, eine Handlung
zu vollziehen,
dass Sprechende mit jeder Äußerung 'etwas' tun. Und
zwar auch dann, wenn einer vermeintlich bloß etwas
feststellt. Auch eine Äußerung wie "Ich habe heute
150 Seiten Syntaxtheorie gelesen" wird nicht einfach dazu
produziert, um eine Proposition (eine Aussage über die Welt,
die falsch oder wahr sein kann; B.B.) auszudrücken.
Auch wer konstativ etwas festhält, verbindet damit Absichten,
die weiter gehen: Er hat Gründe, dies mitzuteilen, er handelt
kommunikativ. Zumindest will er, dass wir ihm glauben- d.h. er
will, dass wir nicht einfach feststellen, dass er eine Proposition
geäußert hat, die wahr oder falsch sein kann, vielmehr
verbindet er mit seiner Äußerung den Anspruch, dass
sie wahr ist und dass wir ihm dies abnehmen und vielleicht sogar
denken: ist der fleißig!"
Linke; Nussbaumer; Portmann
1996: S.186
Nach Searle bestehe "der Grund
für die Konzentration auf die Untersuchung von Sprechakten
(...) einfach darin, dass zu jeder sprachlichen
Kommunikation sprachliche Akte gehören. Die Grundeinheit
der sprachlichen Kommunikation ist nicht, wie allgemein angenommen
wurde, das Symbol, das Wort oder der Satz, (... ), sondern die
Produktion oder Hervorbringung des Symbols oder Wortes oder Satzes
im Vollzug des Sprechaktes." (vgl.
Searle 1971, S. 30)
Nach Searle wird jeder Sprechakt in
vier Teilakte untergliedert:
1. in den Äußerungsakt,
der in der Regel in der Artikulation eines Satzes besteht: Während
der Satz aber eine durch theoretische Abstraktion gewonnene Einheit
des Sprachsystems ist, ist der Äußerungsakt der Gebrauch
eines Satzes in einer bestimmten historischen Situation.
2. in den propositionalen Akt, dieser
gliedert sich seinerseits in:
a) den Referenzakt,
indem der Sprecher auf ein Objekt (Person, Gegenstand,
Sachverhalt) oder auf mehrere Objekte sprachlich Bezug nimmt und
b) den Prädikationsakt,
mit dem der Sprecher einem Referenzobjekt (Person, Gegenstand,
Sachverhalt) bestimmte Eigenschaften zuspricht bzw. eine
bestimmte Beziehung zwischen mehreren Referenzobjekten ausdrückt.'
3. in den illokutionären (illokutiven)
Akt, der darin besteht, dass mit dem Vollzug eines Äußerungsaktes
und eines propositionalen Aktes zugleich eine bestimmte situations-
und adressatenbezogene kommunikative Handlung (Frage, Warnung,
Rat, Befehl, Feststellung usw.) vollzogen wird.
4. in den perlokutionären Akt,
unter diesem Begriff sind die Wirkungen zusammengefasst,
die ein Sprechakt beim Adressaten auslöst oder auslösen
soll. (Der Adressat wird überzeugt, überredet, erschreckt
usw.)."
(vgl. Karl Schuster nach: Bayer 1982: S.19/20)
Zentral in der
Sprechakttheorie ist also der illokutionäre Akt, der den
Handlungsvollzug ausdrückt: "Wie
ist etwas gemeint?"
Sie können aus Ihrer kommunikativen und sozialen Erfahrung
meist sehr gut entscheiden,"wie etwas
gemeint ist", indem Sie ein Verb des Sagens und Meinens
- ein sogenanntes performatives Verb - vor die entsprechende Äußerung
setzen.
Gesprächsanalyse
Sprechwissenschaften
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