1 Nachdenken über Kommunikation und Rhetorik

1.3 Wovon kann ich lernen? Bezugswissenschaften










Kommunikationssoziologie und Medienwissenschaften


Neben der Psychologie und der Sprachwissenschaft ist es besonders die Soziologie, die sich seit ihrem Beginn im 19. Jahrhundert mit den Phänomenen der menschlichen Kommunikation auseinandergesetzt hat.

Was ist Kommunikationssoziologie?

  • Soziologisch gesehen ist Kommunikation zunächst die allgemeine Bezeichnung für den Prozess der Übermittlung jedweder Informationen.
  • Die Kommunikationssoziologie betrachtet die Kommunikation als Übermittlung von Kommunikationsinhalten von einem oder mehreren Kommunikatoren zu einem oder mehreren Kommunikanten.
  • Oder - wie Roland Burkart es in seinem Buch "Kommunikationswissenschaft" ausdrückt - es handelt sich in der allgemeinsten Form um eine "Bedeutungsvermittlung zwischen Lebewesen".
  • Menschliche Kommunikation ist im Bereich des sozialen Handelns angesiedelt.

Eng mit diesen Rollen ist die Frage des Rederechts verbunden (wer darf reden, wer muss schweigen) und die Redeformen, die gewählt werden.

So darf der Lehrer dem Schüler einen Befehl erteilen, der Schüler dem Lehrer aber nicht. Er kann sich nur mit einer Bitte an den Lehrer wenden, z.B. "Können Sie mir das noch einmal erklären." Gegebenenfalls ist auch indirekte Kommunikation möglich: der Schüler kann z.B. sagen: "Ich verstehe diese Aufgabe nicht." und damit meinen: "Erklären Sie sie mir bitte noch einmal." Das schlimmste, was einem von der Rolle her in einem Gespräch passieren kann, ist "aus der Rolle zu fallen".

In einem zweiten Schritt kann die Kommunikation informationstheoretisch betrachtet werden. Sie ist dann der Austausch von Informationen zwischen (Teil-) Systemen, wobei diese registriert, gespeichert, und/oder transformiert werden. Der Austausch geschieht über Kommunikationsmedien, medial vermittelter Kommunikation mit der sich die Medienwissenschaft beschäftigt.

Kommunikationsmedien in diesem Sinne sind allgemein alle Vehikel, die Kommunikation ermöglichen, indem Information vermittelt wird, sowie in gesprochener und geschriebener Form: Sprache, Gestik, Mimik, aber auch Telefon, Fax und alle technischen Möglichkeiten des Informationstransports, insbesondere im Bereich der Massenmedien, also z.B. Zeitung, Rundfunk, Fernsehen, Computer, Internet etc.

Da wir in einer durch die Entwicklung der Massenmedien bestimmten Zeit leben, verbindet sich die soziologische Betrachtung der Kommunikation von Gruppen und Individuen mit einer anderen Wissenschaftsdisziplin, der Medienwissenschaft.

Moderne technische Kommunikationssysteme: das Internet

Die älteren Massenmedien (Zeitung, Radio, Film auch Fernsehen) sind in gewisser Weise als Einwegstraße konstruiert: Ein Sender schickt eine Botschaft, die ein Empfänger (Leser, Hörer, Seher) aufnimmt, ohne die Möglichkeit der Rückkoppelung zu haben.

Anders funktionieren die Computernetze, vor allem das Internet, die eine Interaktion der verschiedenen an der Kommunikation beteiligten Seiten möglich machen. Im Gegensatz etwa zum Hörertelefonat im Radio ist es hier einer unbegrenzten Zahl von Teilnehmern möglich, sich aktiv einzuschalten. In Computernetzen fehlen festgeschriebene Rollen und damit verbundene Verhaltenserwartungen, wie wir sie von den Massenmedien her kennen. Deshalb kann in ihnen prinzipiell jeder die Rolle des Moderators übernehmen und zum Anbieter von Angeboten werden. Das Publikum setzt sich zusammen aus potentiellen Interaktionsteilnehmern, die jederzeit die "Seite wechseln können". Allerdings ist hier eine große Veränderung zur Face-to-Face-Kommunikation festzustellen, die wir aus unserer Alltagserfahrung kennen.

Im Cyberspace wird unter anonymen Bedingungen kommuniziert. Deshalb kann im Grunde nicht mehr unterschieden werden, ob wir es "am anderen Ende der Leitung" mit einem Menschen oder mit einer Maschine zu tun haben.
Die Kommunikation ist hier also anonymisiert, wie sich etwa im ‚Chat' zeigt. Hier kann jeder verschiedene Rollen übernehmen, die nicht mehr mit der realen Person und der Lebenssituation, in der sich diese Person befindet, identisch sein müssen. ‚Rollenspiele' werden also möglich, die genussvoll sein können, aber auch Gefahren bergen: etwa die, sich im weiten Raum des WWW zu verlieren. Dies ist, wie wir noch sehen werden, gerade für die Kommunikation in der Schule und unter Jugendlichen von großer Bedeutung.