3 Konflikte lernen, erkennen und analysieren

3.5 Ursachen von Konflikten









Die Konfliktursachen liegen häufig sehr tief und sind nur sehr schwer zu entschlüsseln. Hier ist es wie mit den Konflikttypen, die wir ja schon vorher behandelt haben:
ein "Elend" kommt selten allein.

Grundsätzlich sind folgende Faktoren ausschlaggebend:

  1. Sozialisation
  2. Institutionen und Rollen
  3. Zeichensysteme
  4. Situationen
  5. Personen und ihre Selbstbilder

Dazu die folgenden Anmerkungen:

1. Sozialisation

Wir alle wissen, dass unsere familien- und gesellschaftlichen Erfahrungen unser Verhalten und unsere Weisen, mit Schwierigkeiten umzugehen, bestimmen. Manche Jugendlichen haben z.B. einfach nichts anderes gelernt, als in Konflikten loszupöbeln oder gewalttätig zu werden. Gewaltbereite Männer sind eher "arm dran" als stark und mutig. Den Umgang mit Konflikten kann und muss man lernen, in der Familie und ganz besonders auch im sanktionsfreien Raum Schule.

2. Institutionen und Rollen

Konfliktbearbeitung und -lösung wird in Institutionen durch die Rollen stark geregelt. In einer hierarchisch strukturierten Behörde werden Konflikte, so sie denn von den Beteiligten nicht gelöst werden (können), eben "von oben" entschieden. Der Rollenschwächere weiß oft schon, dass er vielleicht eine Frage stellen darf oder eine Anregung geben, aber "zu seinem Recht" kommt er oft nur indirekt.

3. Zeichensysteme

Wir wissen alle, wie sich besonders in der großen Politik, aber oft auch im Betrieb, in der Schule oder Familie die Mächtigen mit "Zeichen von Macht und Einfluss" umgeben, man denke an das erhöhte Pult und die Sitzordnung in der Klasse, an das komplizierte Protokoll von Konferenzen, an die "Klosettdeckelhierarchien" in Betrieben, an das Vorzimmer, Uniformen und ähnliche "Zeichen". Auch Verhandlungen und Gespräche laufen nach Ritualen und "bezeichnendem" Verhalten ab.

4. Situationen

Situationen bestimmen wesentlich das Entstehen und den Verlauf von Konflikten mit, sei es z. B ein Fahrfehler im Verkehr, das Zusammenspiel auf der Kommandobrücke eines Schiffes bei Aufkommen von Sturm oder der Unterrichtsablauf in der Schule. Manchmal werden latent vorhandene Konflikte durch Situationen auch erst offenkundig, das berühmte "Fass läuft über".

5. Personen und ihre Selbstbilder

Es ist schon bei den Tieren so: Ängstliche Hunde werden zu Angstbeißern, große Hunde begegnen wütigen kleineren mit großer Gelassenheit. Die innere Befindlichkeit, auch die in einer Beziehung oder Situaton entscheidet mit, ob jemand "ausrastet" oder "souverän" mit der Situation und einem Konflikt umgeht. Innerseelische Konflikte bilden sich in äußeren Konflikten ab und lassen eine Person unberechenbar erscheinen (z.B. narzißtische Kränkung).

Unter den Kommunikationsstilen in Teil 1 und in der Einheit über das Selbstbild haben wir bereits wesentliche Elemente des personenbezogenen Verhaltens und seiner seelischen Hintergründe behandelt. Sie können dort weitere Hintergrundinformationen abfragen. Von den Kommunikationsstilen hängen nun ganz wesentlich die Abläufe von Konflikten ab, alles nach der Devise "Wie man hineinruft, so schallt es heraus".


Trotz dieser Einwirkungsfaktoren auf Konflikte ist es dennoch immer hilfreich, sich zumindest die möglichen Ursachen eines konkreten Konflikts durch den Kopf gehen zu lassen - oft liegt diese nämlich jenseits der eigenen Person oder der konkreten Situation und es bedarf nur einer "Verlagerung" des Konflikts auf den Ort, an dem die Ursache zu suchen ist.

Wenn Sie z.B. Streit mit Kollegen/innen haben, weil diesen die angeordnete Arbeitsaufteilung, die Mittelzuteilung oder die Raumverteilung nicht zusagt, ist das eigentlich nicht Ihr Problem.
Die "Lösung" ist daher unproblematisch: sobald Sie sich nicht gegen die Kollegen/innen stellen, sondern mit ihnen gemeinsam zum Chef gehen und das Problem dort ansprechen, sind Sie in Ihrer Umgebung eine "Störung" los, die nicht Sie verursacht haben und an der Sie auch in der Regel nicht viel ändern können.