1 Nachdenken über Kommunikation und Rhetorik

1.8 Kommunikationsstile










Der mitteilungsfreudige-dramatisierende Stil

Erscheinungsbild, Grundbotschaft und seelischer Hintergrund

"In Gegenwart von Menschen, deren Persönlichkeit von diesem Hauptstrom durchzogen ist, wird es selten langweilig. Immer ist irgend etwas los - und wenn nicht, dann sind
sie es selbst, die mit Energie "Leben in die Bude" (oder in die "Beziehungskiste") bringen.

Ihre intensive Emotionalität steht in farbigem Gegensatz zur Intellektualität jener vorgenannten Stile, ihre ausdrucksvolle Darstellungskraft zu deren Starrheit, ihre leichte Verrücktheit zu deren Vernunft. Sie genießen es, von Publikum umringt zu sein und es in ihren. Bann zu ziehen, indem sie ihr Selbst gleichsam zur Aufführung bringen."
( Schulz von Thun 1998: S.228 ff)



Grundbotschaft des mitteilungsfreudig-dramatisierenden Stils

 

Die kommunikative Grundbotschaft hat ihre stärkste Betonung auf der Selbstkundgabe. Es ist, als ob der Mitteilungsfreudig-Dramatisierende mit einem Glöcklein (oder einer Pauke) herumliefe und "Hört, hört, so bin ich!" riefe.

Beispiele:

"Eindrucksvoll und mit etwas ironischer Distanz zu sich selbst schreibt eine Studentin:

"Vorhang auf! Seid ihr alle da? - Ich bin bereit. Das Schauspiel kann beginnen:
Wie es mir gefällt!"

und fährt etwas später fort:

"Mir ist dieser Hang zur Selbstdarstellung und diese Lust, im Mittelpunkt zu stehen, wohl vertraut. Ja, ich kenne diese dramatisierende Schraube, die, wenn sie erst einmal gestartet ist, sich zu einem Selbstgänger entwickelt und immer höher und höher schraubt, beziehungs- und bodenlos. Der Absturz ins schwarze Nichts erfolgt plötzlich und hätte doch erwartet sein können.
Es ist der Moment, in dem übersteigerte Fröhlichkeit und verzweifeltes Schluchzen eins sind und nur noch dieser schmerzhafte Abfall ein Überdrehen verhindern und ein Zu-sich-Kommen schaffen kann. Warum dieses Aufdrehen?
Hört mich sonst keiner? Nimmt mich sonst keiner wahr? Spüre ich mich nur in diesen Extremen? The show must go on ! -why?..."

Eine andere Studentin berichtet:
"Wahrgenommen zu werden ist für mich das Allerwichtigste. Nur nicht einer von vielen sein, der sich durch nichts abhebt. Nein, lieber was Besonderes, Einzigartiges. Ich betonte zu diesem Zweck immer sehr, dass ich in Südfrankreich studiert habe. Und was da alles so war, hat niemand mit mir gemeinsam. Das ist einfach was Tolles. Und das muss es auch sein. Mittelmäßigkeit ist für mich tödlich."



"Werfen wir wenigstens einen flüchtigen Blick auf die seelische Biographie eines Menschen, der von der geschilderten Art geprägt ist. Im einfacheren Fall mag das Kind die Erfahrung gemacht haben, dass man es nicht beachtet und links liegen lässt, es sei denn, es "dreht auf" und spielt sich so in den Mittelpunkt, dass man es nicht mehr übersehen kann.


Wer die Erfahrung gemacht hat, dass normal dosierte Lebenszeichen nicht ausreichen, um für andere beachtenswert zu werden, wird aufmerksamkeitssteigernde Mittel einsetzen. Hinter der aufblühenden Redseligkeit steckt die Angst, unbemerkt zu verwelken."

Das seelische Axiom lautet dann:
"Ich bin unwichtig. Wie mir wirklich zumute ist, interessiert niemanden.
Nur wenn ich mich geschickt oder mit starken Mitteln
in den Vordergrund spiele, werde ich beachtet."