1 Nachdenken über Kommunikation und Rhetorik

1.8 Kommunikationsstile










Der helfende Stil

Erscheinungsbild, Grundbotschaft und seelischer Hintergrund


"Der jetzt folgende Stil ist dem bedürftig-abhängigen Stil komplementär, das heißt, er passt dazu wie ein Schlüssel zum Schloss. Menschen, die von der helfenden Strömung stark und dauerhaft erfasst sind, ziehen Bedürftig-Abhängige wie Magneten an. Als geduldige Zuhörer und Ratgeber sind sie allzeit bereit, sich für die Schwachen, Beladenen und Hilflosen einzusetzen, sich um sie zu kümmern und ihnen in der Not mit Rat und Tat beizustehen - nicht selten über die eigene Erschöpfungsgrenze hinaus. Sie strahlen eine souveräne Stärke aus, die zu sagen scheint:
"Ich brauche niemanden" und "Ich bin ganz für dich da!"

Von der helfenden Strömung können wir um so leichter erfasst werden, je mehr wir mit unseren eigenen schwachen und hilfsbedürftigen Anteilen auf dem Kriegsfuß stehen. Der entsprechende Kommunikationsstil ermöglicht die Abwendung davon und zugleich die Zuwendung zu solchen Anteilen beim Gegenüber:

  • durch die Selbstkundgabe von Stärke und Belastbarkeit,
  • durch die Thematisierung der Sorgen und Probleme des Gegenübers,
    oft verbunden mit der Bereitschaft, geduldig zuzuhören,
  • durch eine Beziehungsbotschaft, die die Hilfsbedürftigkeit des anderen unterstreicht,
  • durch Appelle, die Empfehlungen für den anderen,aber keine eigenen Wünsche enthalten.

Schmidbauers tiefenpsychologische Studie über die "Hilflosen Helfer" (1977) hat unter dem Schlagwort "Helfersyndrom" besonders unter Angehörigen der sozialen Berufe betroffene Beachtung gefunden....
Nach Schmidbauer liegt der innerseelische "Vorteil" des souveränen und altruistischen Verhaltens darin, dass der Helfer sich auf diese Weise etwas vom Halse
halten kann, wovor er große Angst hat: sein eigenes Anlehnungsbedürfnis, seine schwachen Anteile. " (Schulz von Thun 1998: S76ff)



Grundbotschaft des helfenden Stils

Der im helfenden Stil Kommunizierende versucht seine Gefühle von Bedürftigkeit und Schwäche nicht mehr in sich aufkommen zu lassen, indem er " in den Kontakt mit anderen Menschen nur jene Aspekte des eigenen Selbst einbringt, die den gefährlichen Anteilen entgegengesetzt sind: die starken und souveränen Teile, die sich mit all den Vorstellungen verbinden, wie ein edler Mensch sein sollte, nämlich hilfreich und gut. Diese Verhaltensweisen waren wahrscheinlich schon in der Kindheit geeignet, Liebe und Bestätigung zu erlangen."

 

Das seelische Axiom scheint bei diesem Stil zu lauten:
"Für mich ist es eine Katastrophe, schwach (ratlos, traurig, verzweifelt) und bedürftig zu sein!"