Der
bedürftig-abhängige Stil
Erscheinungsbild, Grundbotschaft und seelischer
Hintergrund
Dieses ist der Ausgangspunkt für
"einen Kommunikationsstil, der darauf abzielt, sich selbst
als hilflos oder überfordert darzustellen und dem anderen
das Gefühl zu geben, er müsse einspringen, helfen, entscheiden
und verantworten, sonst wäre alles verloren."
Natürlich braucht
der Bedürftig-Abhängige einen Helfer und sucht ihn
sich auch. Dieser würde natürlich in einem anderen
Stil kommunizieren, z.B. im helfenden Stil |
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Hierzu ein Beispiel:
Bedürftig-Abhängiger |
Ach,
Mensch, ich glaub, du weißt gar nicht, wie mir im
Moment zumute ist!
Sag mal, könntest du nicht heute Abend kurz vorbeikommen,
dass wir
die Sache mal in Ruhe durchgehen?
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Helfender |
Also heute Abend ist schlecht.
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Bedürftig-Abhängige
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(schweigt) |
Helfender |
Höchstens
morgen.
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Bedürftig-Abhängiger
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(schweigt) |
Helfender |
Hörst
du?
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Bedürftig-Abhängiger |
(mit
tonloser, ersterbender Stimme)
Ja, ja.
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Helfender |
Also
gut, heute Abend, aber nicht vor halb elf, und nur kurz.
Wir werden schon alles hinkriegen!
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Bedürftig-Abhängiger |
(hoffnungsvoll)
Ja, meinst du? |
Wenn man dieses Gespräch auf die Teilbotschaften
nach dem
Nachrichtenquadrat hin analysiert, kommt man mit Schulz von Thun
zu folgenden Teilbotschaften:
die Selbstkundgabe der Hilfsbedürftigkeit:
"Allein schaff ich es nicht, ich
bin dem nicht mehr gewachsen! Ich kann das nicht, wie sollte ich
auch mit meinen schwachen Kräften!"
die (verführerische) Beziehungsbotschaft:
"Du bist stark und kompetent!",
durch die sich der Empfänger oft sehr angesprochen fühlt.
Denn im Kontakt mit dem Hilfsbedürftigen darf er eine Seite
an sich spüren, die ihn aufwertet und die sich gut anfühlt:
fähig zu sein und gebraucht zu werden.
Diese Beziehungsbotschaft wird manchmal direkt
ausgesprochen, überwiegend aber durch die ganze Art der Gesprächsführung
signalisiert.
Direkte und verdeckte Appelle, alle von der Art : "Hilf mir,
du musst für mich sorgen, hörst du? Lass mich bloß
nicht im Stich!" - im obigen Beispiel zunächst direkt
("Könntest du nicht heut Abend kurz vorbeikommen ...
?"), später dann "stumm", als der direkte
Appell nicht gleich die erwünschte Wirkung zeigt - der unausgesprochene
Vorwurf "Ja, ja, in der Not hat man dann keine Freunde!"
lastet drückend in der Hörmuschel und zeigt prompt seine
Appellwirkung.
Grundbotschaft des bedürftig-abhängigen
Stils
"Angesichts der Hilf- und Kraftlosigkeit,
die der Bedürftig-Abhängige demonstriert, mag es überraschen,
wie kraft- und machtvoll er auf seine Mitmenschen emotionalen
Einfluss ausübt. Man kann sich ihm nicht leicht entziehen!
Um nicht als herzlos und egoistisch dazustehen, fühlt man
sich verpflichtet, mit Rat und Tat einzugreifen - und "irgendwie"
sieht man sich bald in die Probleme verstrickt, wie von Zauberhand
plötzlich die Verantwortung dafür auf sich lasten,
ob alles gut geht. Wer nach dem Köder
der Beziehungsbotschaft "Du bist stark und fähig!"
geschnappt hat, hängt auch an ihrem Angelhaken: "Und
du bist zuständig!"
Wenn wir also auch die "power" des sich schwach
und hilflos Gebenden nicht unterschätzen sollten, so wäre
es doch verfehlt, ihm magische Kräfte zuzuschreiben. Hat
vielleicht auch der Kontaktpartner ein heimliches Interesse,
sich zu einem Engagement verführen zu lassen? Liegt vielleicht
sogar ein gegenseitiges Verführungssystem vor?" (Schulz
von Thun 1998: S.66)
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